Ringen um Demokratie und Freiheit

1946: Neustart für demokratische Bildung an der Gelehrtenschule

Schon Jahre vor Ende des Zweiten Weltkriegs hatten die Alliierten für die Zeit nach dem Sieg geplant. Denn eines war klar: Nach zwei Weltkriegen innerhalb eines Vierteljahrhunderts sollte dieses Mal dauerhafter Frieden gesichert werden. Zentraler Bestandteil war auch die Neugestaltung der Bildung, die die deutsche Jugend wieder zu Demokraten machen sollte. Konnte der Umbau nach 12 Jahren Diktatur gelingen? Und welche Schwierigkeiten waren hier am ehemaligen Standort der Meldorfer Gelehrtenschule zu lösen?

Der Plan der Briten, in deren Besatzungszone Schleswig-Holstein lag, war pragmatisch und mutig zugleich: Die Verantwortung für den Neuaufbau sollten weitgehend Deutsche tragen, die Briten beaufsichtigten diese. Das bestehende Schulsystem wurde beibehalten. Eingesetzt wurden als unbedenklich „entnazifizierte“ Lehrkräfte. Dieses Verfahren zur Überprüfung der Nähe zum NS-Staat hatten die Alliierten eingeführt, um ehemalige Nationalsozialisten von Führungspositionen auszuschließen.

Hier in der Gelehrtenschule geht es am 5. Januar 1946 wieder los. Mit einer Feierstunde wird die Schule wiedereröffnet. Der Betrieb startet aber mit Einschränkungen. Das Gebäude hat den Krieg unbeschadet überstanden, aber nur sechs Lehrkräfte sind schon entnazifiziert, es gibt lediglich vier reguläre Klassen.

Direktor der Gelehrtenschule war seit 1941 und ist auch jetzt wieder Oberstudiendirektor Ewald Harder. Weil doch Schwierigkeiten in seiner Entnazifizierung eintreten, muss er die Schule schon kurz nach dem Start für einige Monate wieder verlassen, kann dann aber als Lehrer zurückkehren.

In den nächsten Jahren normalisierte sich die Situation auch an der Gelehrtenschule Schritt für Schritt. Die wirkliche Demokratisierung brachten erst neu ausgebildete Lehrkräfte. Denn: Auch die Universitäten und pädagogischen Hochschulen für die Ausbildung von Lehrkräften hatten die Briten neu organisiert und vor allem auf neue Inhalte verpflichtet.

Heute fragen wir uns, woher die britischen Besatzer den Mut nahmen, nach zwei Weltkriegen mit den Deutschen (noch) einen demokratischen Neubeginn zu versuchen und ihnen dabei auch so viel Freiraum zu lassen. Aber heute kann man festhalten: Der Neustart war geglückt und die Planung der Briten funktionierte.

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Verwendete Literatur:

  • Von Hassel, Gertrud: Die Meldorfer Gelehrtenschule nach 1945. In: Lambrecht, Peter/ Landgraf, Henning/ Schulz, Willy: Meldorfer Gelehrtenschule 1540–1990. „eine gemeine Schole vor de Joget des gantzen Landes. Heide 1990, S. 284–295.
  • Schulz, Willy: „Staatsbürgerliche Erziehung und Geschichtsunterricht im neuen Staat.“ Ernst Voigts Referat im Jahr 1946 im Kontext des demokratischen Wiederaufbaus des Schulwesens in Dithmarschen. In: Demokratische Geschichte 31 (2021), S. 237–260, hier besonders S. 237–249.