Nationalsozialistischer Einbruch und demokratischer Neubeginn
1863-1945: Gustav Frenssen – ein Heimatschriftsteller auf Abwegen
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Sie stehen hier vor dem Wohnsitz von Gustav Frenssen (1863-1945), einem der meistgelesenen Autoren um die Jahrhundertwende 1900. Die Auflage seines 1901 erschienen Romans „Jörn Uhl“ übertraf sogar „Die Buddenbrooks“ von Thomas Mann und auch Rainer Maria Rilke war ein „Frenssen-Fan“. Bis zu seinem Tod 1945 war Gustav Frenssen ein weit über Deutschland hinaus gefeierter Autor, mit einer Gesamtauflage von rund 3 Millionen. Auch noch in der Bundesrepublik wurde er durch zahlreiche Straßennamen geehrt. In den 1980er Jahren fing man jedoch an, die Schilder abzunehmen. Was war passiert?

Gustav Frenssen trat 1892 seine erste Pastorenstelle in Hemme an. Er ist anfangs ein Liberaler und sympathisiert sogar mit dem Marxismus. Mit „Jörn Uhl“ gelingt ihm der Durchbruch als Schriftsteller. In dem Roman propagiert er eine Abkehr von der Stadt und romantisiert das Landleben. In den Weimarer Republik ist er – wie viele andere Dithmarscher auch – nationalliberal und antidemokratisch gesinnt. Aber seit 1932 finden zunehmend antisemitische Vorstellungen Eingang in seine literarischen Werke. Nach der Machtübernahme unterstützt er offen die NSDAP. Er sieht die NS-Diktatur als antibürgerliche Revolution, unterstützt die Rassenideologie. Seit 1933 ist er weniger Schriftsteller als vielmehr Propagandist.
Nach 1945 wurde Gustav Frenssen zu einem beliebten Namensgeber für Straßennamen, vor allem im Norden – er war als Heimatschriftsteller in Erinnerung geblieben. Erst in den 1980er Jahren entbrennt Kritik daran. Die Umbenennungen beginnen außerhalb Dithmarschens, beispielsweise 1985 in Elmshorn. In Dithmarschen selbst fängt man erst 2014 an, die Schilder konsequent auszutauschen.
Nach eingehender Analyse gilt Gustav Frenssen als einer der Wegbereiter des Nationalsozialismus. Heute werden Straßennamen als Ehrung genauer hinterfragt. In einer Demokratie sind sie Verhandlungssache und können auch mal konfliktreich verlaufen.
Hinweis: Wenn Sie die ganze Tour Nationalsozialistischer Einbruch und demokratischer Neubeginn durch Süderdithmarschen geschafft haben, können Sie einen besonderen Sticker bei RIMO-Art (Direkt gegenüber der Neulandhalle einlösen. Als Nachweis zeigen Sie bitte die „geloggten Caches“ oder Bilder der Geocaches.
Verwendete Literatur:
- Stein, Dietrich: Das Frenssenhaus in Barlt – Wohnort eines umstrittenen Schriftstellers des frühen 20. Jahrhunderts. In: Rüdiger Kelm (Hrsg.): Auf den Spuren der Dithmarscher Geschichte. Heide 2012, S. 131–133.
- Danker, Uwe & Schwabe, Astrid: Die Volksgemeinschaft in der Region. Schleswig-Holstein und der Nationalsozialismus. Husum 2022.