Nationalsozialistischer Einbruch und demokratischer Neubeginn
1945: Briten in Marne
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Mai 1945: Der Zweite Weltkrieg ist beendet. Jetzt wird auch Schleswig-Holstein fast kampflos besetzt und Teil der „Britischen Zone“. In Marne rücken knapp 200 Soldaten ein. Hier in der Claus-Harms-Straße müssen Häuser für Offiziere freigemacht werden. In der Bahnhofstraße zieht der „Secret Service“ ein, um die als gefährlich erachtete Bevölkerung in Schach zu halten.
Denn: Dithmarschen als frühe Hochburg der Nationalsozialisten gilt den Briten als problematisches Pflaster. Gouverneur in Meldorf wird Lt. Colonel Morgans, ein ehemaliger Kolonialoffizier. Am 16. Mai wird Marnes Bürgermeister, NSDAP-Ortsgruppenleiter und SS-Sturmführer Hans Wigger, abgesetzt und interniert. Die Briten ernennen Wilhelm Stöfen zum Nachfolger. Er war bereits von 1924 bis 1937, also bis weit in die NS-Zeit hinein, Bürgermeister, danach auch Mitglied der NSDAP. Mit erstaunlicher Toleranz reagieren die Besatzer so auf örtliche Schwierigkeiten, unbelastetes Personal zu finden. Auch Bürger für die vorläufige Stadtvertretung finden sich erst spät.
Die Besatzer handelten distanziert, aber korrekt. Kontakte zu Deutschen waren beschränkt und die „Entnazifizierung“ setzte ein. Wohnraum-, Lebensmittel- und Energieknappheit bestimmten den Alltag, Zugereiste (deutsche) Flüchtlinge verschärften die Probleme. Die Briten setzten auf fortbestehende Verwaltungen und unaufgeregte Lösungen. Und sie wollten, dass die Deutschen, die vierzehn Jahre zuvor die Demokratie abgewählt hatten, diesmal eine stabile Demokratie errichten und zwar von unten nach oben unter Anleitung und Aufsicht!
Demokratie also als Lernprozess: Ab September 1945 konnten sich Parteien gründen, ab April 1946 erschienen freie Zeitungen. Am 15. September 1946 fanden erste freie Gemeindewahlen statt; ehemalige aktive Nationalsozialisten durften weder kandidieren noch wählen. Sechzehn Männer und zwei Frauen bildeten die neue demokratische Marner Stadtvertretung, neun Vertreter der SPD, acht der CDU und einer der FDP.
Ende 1946 löste ein „Kreis Resident Officer“ den Gouverneur ab. Die britischen Besatzer traten langsam in den Hintergrund, wechselten von Befehlen zur Kontrolle und schließlich zur Beratung. 1952 reiste der letzte Vertreter ab. – Die Briten hatten auch Schleswig-Holstein eine stabile Demokratie geschenkt.
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Verwendete Literatur:
- Schulz, Willy: Demokratischer Neuanfang der Kommunalpolitik Dithmarschens 1945/1946. In: Uwe Danker (Hrsg.): Geteilte Verstrickung: Elitenkontinuitäten in Schleswig-Holstein. Husum 2021, S. 615–636.